Hochgebirge sind Räume mit überproportional großer hydrologischer Bedeutung. Die Hochgebirge der Erde bedecken etwa 27 % der Landoberfläche auf denen ca. 70 % der terrestrischen Niederschläge fallen. Sie werden daher auch als „Water Towers“ bezeichnet. An Flüssen, deren Einzugsgebiete hohe Gebirgsanteile aufweisen, leben mehr als 40 % der Weltbevölkerung, die von dem Wasserreichtum in vielfältiger Weise profitieren.
Auch in der aktuellen Literatur wird der Forschungsbedarf angemahnt und insbesondere auf den Mangel an experimentellen (Langzeit-) Studien in den Hochlagen der Gebirge über der Baumgrenze zu allen hydrologisch relevanten Themenfeldern verwiesen. Neben der schlechten Zugänglichkeit von Gebirgsräumen sind es die extreme 3-dimensionale Variabilität der hydrologisch relevanten Parameter und die widrigen Messbedingungen mit denen die Forschung zu kämpfen hat. Daraus resultiert ein weitmaschiges Messnetz in den Hochlagen der Gebirge. Selbst in den Alpen sind die Höhenlagen oberhalb von 1600 m bei der Niederschlagsmessung unterrepräsentiert, obwohl hier die höchsten Niederschläge fallen.
Die Hochgebirge der Erde werden voraussichtlich besonders stark dem globalen Klimawandel unterliegen. Dies betrifft die räumliche und zeitliche Verteilung von Niederschlägen ebenso wie die Art der Niederschläge, wobei die europäischen Alpen als einer der sensitivsten Hochgebirgs-räume gegenüber diesen Veränderungen angesehen werden. Auch die Ergebnisse von regionalen Studien wie GLOWA Danube, KLIWA oder CCHydro unterstreichen dies, so dass die Untersuchung von Auswirkungen des Klimawandels auf Abflussbildung und Wasserhaushalt von Hochgebirgen als bedeutende Forschungsaufgabe betrachtet wird
Im stark verkarsteten Einzugsgebiet des Partnach-Ursprungs liegen aus mehreren Gründe Verhältnisse vor, die dem Gebiet ein Alleinstellungsmerkmal als hydrologisches Versuchsgebiet auch über den Alpenraum hinaus geben. Drei Aspekte können für die besondere Eignung des Zugspitzgebiets um die UFS Schneefernerhaus als hydrologisches Versuchsgebiet genannt werden:
Den bisherigen Untersuchungen von Wetzel (2004 u. 2005) und Rappl et al. (2010) sowie nach den vorläufigen Ergebnissen eines aktuellen Markierungsversuches zufolge entwässert das ca. 11,4 km² große Gebiet vollständig über den Partnach-Ursprung. Unter den an der Oberfläche anstehenden stark verkarsteten und gut durchlässigen Wettersteinkalken folgen in der Tiefe die wasserstauenden Partnachschichten. An der Schichtgrenze läuft das Wasser nach Osten und tritt am Partnach-Ursprung wieder zutage. Das Gebiet kann daher wie ein Naturlysimeter für verschiedene Anwendungen verwendet werden.
Mit Hilfe von Fluoreszenztracern wurden die Fließwege des Karstgrundwassers erkundet. Dazu wurden bei zwei Versuchen an insgesamt drei verschiedenen Standorten Farbstoffe in das Karstsystem gespült und die Gewässer der Umgebung bis zu einem Jahr beprobt.
An einem Pegel kurz unterhalb des Partnach-Ursprungs werden mit kurzen Unterbrechungen seit 1996 die Abflüsse der Partnach von der Uni Halle und der Uni Augsburg gemessen. Damit besteht bereits eine mehrjährige hydrologische Datenreihe, auf die zukünftige Projekte aufbauen können.
Im Rahmen der Grundlagenforschung an statistischen Downscalingmethoden für Klimasimulationsprojektionen werden im übergeordneten Projekt DZUG an der Universität Augsburg Potentiale der Wetterlagenklassifikation zur Verbesserung der Modellqualitäten evaluiert. Die Stationsdaten der Zugspitze eignen sich hierbei in besonderem Maße aufgrund der ausgeprägten Exposition zur freien Atmosphäre an einem Hochgebirgsrand, die eine Dominanz der Einflüsse der großskaligen Zirkulation im Vergleich zu mesoskaligen Einflüssen bewirkt.
Im Bereich des Zugspitzplatts werden detaillierte Untersuchungen zur Qualität von schneehydrologischen Modellen (ALPINE3D, SnowModel) von der LMU durchgeführt und gezielte Weiterentwicklungen der Modelle betrieben. Weiterhin wird versucht, durch geeignete Verfahren die modelleigenen Unsicherheiten zu detektieren und zu minimieren sowie die Modelle im Hinblick auf ihre Prognosefähigkeit und ihre räumliche Übertragbarkeit zu verbessern.
Eine für hydrologische Untersuchungen im Hochgebirgsraum einzigartige Infrastruktur ist mit dem Observatorium des DWD auf dem Zugspitzgipfel und der Klimastation sowie den Schneedeckenaufnahmen des Bayerischen Lawinenwarndienstes auf dem Zugspitzplatt gegeben.
Projekte anderer Konsortialpartner liefern zusätzlich Daten, die für hydrologische Fragestellungen verwendet werden können und innovative Forschungsansätze gestatten. Beispiele dafür sind die klimatologischen Daten aus dem KLIMAGRAD Projekt (Prof. A. Menzel) oder auch die Analyse von Umweltgiften im Sickerwasser (Prof. W. Schramm) und die Erfassung von Radionukliden in der Schneedecke (Dr. Tschiersch) durch das Helmholtz Zentrum München.
Hydrologische Untersuchungen im Zugspitzgebiet
beteiligte Institute: Universität Augsburg, Landesamt für Umwelt
Schneehydrologische Modellierung
beteiligte Institute: Ludwig-Maximilians Universität München